Der Unterschied im Verhalten von Männern
und Frauen gegenüber der Technik ist bekannt. Beispielsweise ist ein technischer
Defekt für die meisten Männer eine willkommene Herausforderung. Endlich haben
sie die Möglichkeit ihr Können und Wissen unter Beweis zu stellen. Auch können
sie zeigen, wie aufgeschmissen das andere Geschlecht doch ohne männliche Hilfe
wäre. Besonders effektiv sind solche Vorführungen, wenn Spezialwerkzeuge
erforderlich werden. Werkzeuge, deren Zweck Frauen nicht einmal erahnen und deren Namen
bei ihnen ein unkundiges Gelächter hervorrufen kann. Gehärtete Nippelspanner
mit drehbarer Krone, Kettennietentferner oder Nietdrücker mit Knauf, Kurbelabzieher
und Shimano Zahnkranznüsse sind die Juwelen des männlichen Radfahrers. Von
einem schnöden Schraubendreher oder Schlüssel haben die Damen unbestritten
auch schon erfahren. Schließlich hantiert "Bob den Baumeister" bereits
in jedem Kindergarten mit Hammer und Zange. Nein, mindestens der Satz Inbusschlüssel
für Zylinderkopfschrauben mit Innensechskant DIN 912, sollte für die eindruckschindende
Beseitigung eines Defekts erforderlich werden. Auch der Besitz passender Ersatzteile
zeugt von einem weisen Experten. Wie oft kommt es vor, dass ein kleines Teilchen einer
Maschine den Dienst versagt und diese nicht ohne den Austausch wieder in Gang gesetzt
werden kann.
So hatten die Männer auf unserer Radtour 2007 das unsagbar enorme Glück,
dass Berthold mehrfach die Kette gerissen ist. Der Tritt ins Leere an einer Steigung
ist zwar unangenehm, wird jedoch mit einer Pause für alle und der beschriebenen
Fachreparatur für die Männer belohnt. Endlich kann man sich profilieren.
Jeder kann in seinen Packtaschen nach dem Lappen kramen, in dem er seine Werkzeugschätze
eingewickelt transportiert. Nicht dass jeder Werkzeug mitnehmen müsste. Diesen
Part hat Hylke übernommen. Als verpflichteter Radflicker führt er sogar diverse
Klarsichtboxen mit sich. Hierin finden sich Ventile, Schräubchen, Muttern, Schlösser,
Drähte, Klemmen, Kabel, Binder, eigentlich alles was ein gut sortierter Fahrradladen
bevorraten sollte. Auch der Umfang seines Werkzeugs lässt normalerweise keine
Wünsche offen. Trotz der Aufgabenverteilung bin ich mir sicher, dass auch Alfred
ein ähnliches Sortiment zu bieten hat. Ich jedenfalls habe die Gelegenheit genutzt,
die V2A-Ersatzspeichen in sechs verschiedenen Längen herauszuholen und herumzuzeigen.
Berthold erwähnte wieder stolz den einstigen Besitz eines Fingerschlauches. Ja,
ein Fest für Männer. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel,
aber ich will nicht schon wieder von …………
Dumm ist allerdings, wenn jeder der begnadeten Monteure den bereits erwähnten
Nietdrücker vergessen hat. Auch das Ersatzteil "Fahrradkette" hatte
keiner parat. Selbstverständlich konnten wir uns helfen, mit einem Stein und schnödem
Kreuzschlitz, aber richtig fachgerecht war diese Reparatur nicht. Diese Tatsache bestätigte
sich ca. 10 km vorm Etappenziel Hann. Münden. Wir waren am heutigen Tag aus Jever
mit der Bahn ca. 6 Stunden angereist und hatten den größten Teil der Tagesetappe,
von Allendorf entlang der Werra Richtung Hann. Münden bestritten. Die Uhr zeigte
bereits 17.30 und für den nächsten Tag sollte ein erneutes Versagen der Kette
ausgeschlossen werden. Unser Messias Alfred beschloss, ich dürfte mich ausnahmsweise
von der Truppe entfernen, voraus fahren und in Münden nach einem Baumarkt suchen.
Hierin sollte ich den Erwerb des fehlenden Materials anstreben.
Hann. Münden ist eine wunderschöne Stadt. Mit Rathaus, über 700 Fachwerkhäusern,
alten Steinbrücken über die Flüsse Fulda und Werra, die sich zur Weser
vereinigen, bereits geschlossenen Fahrradfachgeschäften und netten Menschen, die
einem den Weg zum einzigen Baumarkt auf der anderen Stadtseite erklären können,
ein lohnendes Reiseziel. Also über die Brücke, den Berg rauf Richtung Göttingen,
sagte der Passant. Der Baumarkt war allerdings auch schon geschlossen und es wurde
Zeit für ein Telefonat mit dem Messias, der mir dann den Erfolg der zweiten Notreparatur
und das nahende Einrücken der Truppe bestätigte. Wir beschlossen die Ersatzteilbeschaffung
am nächsten Morgen durchzuführen und uns an unserem Domizil, dem "Hotel
Freizeit Auefeld" zu treffen. Das Telefonat hatte ich auf dem Parkplatz des Baumarktes
geführt. Hätte ich mich nach dem Auflegen umgedreht, wäre mir sicherlich
das riesige Hotel mit dem enormen Schriftzug aufgefallen. Ich habe es jedoch bevorzugt
noch mal den Berg runter zu fahren, um einige nicht so ortskundige Passanten nach dem
Weg zu fragen. Ein Ausländer, der deutschen Sprache nicht so mächtig, war
auch dabei. Trotz dieser Extratour, hatte ich ca. eine halbe Stunde vor den Anderen
eingecheckt und unser Domizil für die nächsten drei Tage erkunden können.
Es ließ keine Wünsche offen. Sogar eine Tiefgarage für die Drahtesel
war vorhanden. Mit dem Zimmerschlüssel bewaffnet, konnten sich nun alle von den
Strapazen des Tages erholen und auf die Einnahme der georderten Halbpension um 20.30
Uhr freuen.
Alfred hatte für dieses Jahr die Erkundung der Landschaft um Hann. Münden
beschlossen und erstmals nur ein Hotel buchen müssen. Zwei folgende Tagestouren
endeten hier und begannen im Umland. Hierfür hatte er uns einen Taxitransfer organisiert.
Ein Vorteil dieser Organisation liegt klar auf der Hand. Jeder kann sich im Hotel für
diese Zeit richtig einrichten und wird nicht jeden Morgen mit dem Packen der Taschen
geplagt. Ein zweiter Vorteil ist, dass während der eigentlichen Touren kein Gepäck
mitgeführt werden muss. Natürlich braucht man diverse Sachen, Regenschutz
und Verpflegung. Diese Sachen lassen sich jedoch bequem pro Paar in einer Tasche unterbringen
und wurden gerne von den Männern, gentlemanlike transportiert. Ausnahmen bestätigen
natürlich auch hier die Regel, aber ich will nicht schon wieder ……
Ich glaube jeder freut sich am meisten auf das
Frühstück. Nichts Schöneres gibt es, jedenfalls in dieser Hinsicht.
Auch im Hotel Freizeit Auefeld wurden wir am nächsten Morgen im Frühstücksraum
mit einem umfangreichen Büffet verwöhnt. Beim Genuss von Rührei und
Brötchen waren bereits alle gespannt auf den Taxitransfer. Ein Shuttlebus mit
Monsteranhänger und ein zusätzliches Taxi erwarteten uns zum Aufbruch vor
dem Gebäude. Das Monster war recht schnell mit unseren Rädern gefüttert
und wir bestiegen die Fahrzeuge. Schließlich musste noch der Fahrradladen angesteuert
werden. Der Fahrradladen, den ich bereit vom Vortag kannte, heute Morgen jedoch geöffnet
hatte. So trennten sich kurzfristig unsere Wege. Bus mit Monster und der halben Truppe
direkt Richtung Guxhagen unterwegs. Wir hatten den Chauffeur des Taxis um den Umweg
über die Innenstadt gebeten. Dass die Rosenstraße gegenüber dem Fahrradladen
auch ein Schuhgeschäft beherbergt, war der Grund für die weitere Teilung
unserer Truppe, diesmal nach Geschlecht. Glücklicherweise führte das Schuhgeschäft
ausgerechtet das Exemplar Damenschuhe, dass Edith bereits seit ihrer Geburt sucht.
Vielleicht noch glücklicherer der Zufall, dass sich Ediths Gatte im Bus befand
und dem Kauf keine Nörgeleien im Wege standen. Ich will nicht behaupten, dass
die besorgten Ersatz- und Werkzeugteile bereits leichten Flugrost angesetzt hatten,
bevor die Damen wieder im Taxi waren, aber die Damen waren nach diesem Halt, die letzten
zusteigenden Fahrgäste.
Wir kamen dann trotz des erweiterten Einkaufs ungefähr gleichzeitig am Startpunkt
des Tages an, da das Monstergespann langsamer gefahren werden musste. Entladen, durchzählen,
Sachen ordnen, ein kleiner Schluck der legendären Reiseverköstigung aus der
Taschenflasche und ab ging es, diesmal entlang der Fulda.
Ein herrlicher warmer Morgen lag vor uns und wir waren mit überdurchschnittlichem
Tempo unterwegs. Die leichten Räder schnurrten auf dem glatten Asphalt des Radwegs
und gaben nur die gesunden Klick-Geräusche des Freilaufes von sich. Drei bis vier
Kilometer genossen wir diese wunderschöne Strecke, genossen die Flusslandschaft
und plauderten über die ersten Vorkommnisse des Tages. Dann kam eine Bemerkung
von Jörg über die erstaunliche und gut sichtbare Strömung des Flusses.
Ein Blick zur Seite bestätigte, wir fuhren gegen die Strömung und würden
unweigerlich irgendwann die Quelle des Flusses besichtigen können. Bevor die letzten
den Irrtum begriffen hatten, war bei den schnelleren Denkern bereits der Schuldige
genannt. Alfred wieder, war von Linda zu hören. Meines Wissens erstmals in der
Geschichte der Maaljooger, wurde ein solch abrupter Richtungswechsel nicht durch die
schrille Trillerpfeife des Navigators befohlen. Nein, unglaublich aber wahr, der sonst
doch leicht desorientiert wirkende Jörg hatte unseren Irrweg aufgedeckt. Alfred
hatte, wahrscheinlich gerade wegen der einfachen Topographie der Gegend, nicht in eine
Karte geschaut, geschweige denn sein PDA gebootet, um einige Satelliten nach dem Weg
zu fragen. Diese unentschuldbare Pflichtvergessenheit wurde von der zu führenden
Truppe mit zwei Euro Strafe belegt. Die Summe wurde noch am gleichen Abend kassiert,
da Ordnungswidrigkeiten bereits nach 3 Monaten verjähren. Etwas Gutes hatte der
Vorfall, wir konnten den schönen Radweg in beiden Richtungen genießen und
es konnten mindestens sechs offizielle Kilometer mehr in der Maaljoogerstatistik gebucht
werden.
Das Wetter ist gut bis sehr gut, solange man bei Regen oder Kälte im Warmen oder
Trockenen sitzt. Also braucht keiner sagen, er könne das Wetter nicht beeinflussen.
Den Wolkenbruch am Nachmittag überstanden wir in einem kleinen Uferkaffee mit
etlichen Sitzgelegenheiten, die von großen Radeberger Sonnenschirmen überspannt
wurden. Eine unterhaltsame Pause bei Kaffee, Kuchen und Eiscreme. Einige Wolken waren
so schwer, dass sie sich wie Nebel der aufgewühlten Wasseroberfläche des
Flusses näherten. Die Kellnerin, ein nettes junges Mädchen in klassischem
Outfit und dünner weißer Bluse, ließ es sich nicht nehmen, trotz der
hohen Luftfeuchtigkeit weiterhin die Gäste zu bedienen und wurde zusehends nasser.
Unsere Empfehlungen, auf das Ende des Wolkenbruchs zu warten, blieb von ihr unerhört.
Nach dem großen Regen war sie nass wie ein Pudel und hätte ihre Wäsche
auswringen können. Kurz vor unserem Aufbruch stellte das Mädel zusätzlich
fest, dass ihr Auto auf dem nahen Parkplatz eisern und kollegial mitgemacht hatte.
Das Fahrzeug, ein Cabrio mit der Dachstellung offen, hatte seine Textilien des Interieurs
hemmungslos dem Regen ausgesetzt und wurde, nun doch etwas fluchend, von ihrer Besitzerin
verschlossen. Mitleidig, aber auch eilig, machten wir uns auf die nassen Wege der restlichen
Tagestour. Vor dem zu Bett gehen musste noch die Brauerei im Rathaus besichtigt, das
hier produzierte Bier probiert und eine Wurstplatte verspeist werden. Bei der Besichtigung
durfte jeder auf etwas Malz kauen, eine recht bittere Erfahrung. Nach den Angaben des
Brauers sollte das Malz durch längeres Kauen eine gewisse Süße entwickeln.
Nach meiner Einschätzung gab es kein Gesicht, das auf etwas Süßem kaute
und jeder versuchte heimlich diese Bierzutat in einem Aschenbecher des Restaurants
wieder loszuwerden. Auch nehme ich an, dass das Zähneputzen vor dem zu Bett gehen
etwas gründlicher als sonst durchgeführt wurde.
Am dritten Tag wollten wir uns Hann. Münden aus nördlicher Richtung erfahren.
Hierfür hatte Alfred den Start in Bad Karlshafen gewählt und eine Tour entlang
der Weser geplant. Vom Shuttle wurden wir direkt im Ort ausgesetzt und einige von uns
mussten erstmal, wegen dem Unbehagen in der Urlaubskasse, einen EC-Automaten aufsuchen.
Bis zur Weserpromenade des Ortes war es nicht weit. Dort angekommen achtete auch jeder
auf die Strömungsrichtung der Weser und schlug automatisch die richtige Richtung
(heute gegen die Strömung) ein. Ich habe jedenfalls kein "Alli, hier mo wi
doch lank, nee" gehört. Nachdem wir den ersten Meander des Flusses hinter
uns hatten, wurde es Zeit für eine Pause und wir hatten Glück. Kurz vor der
Weserfähre Wahmbeck gab es das unscheinbare Kleinkiosk "Ahoi". Erst
unschlüssig, ob der Tagesverlauf die Öffnungszeiten der Restauration schon
erreicht hatte, wurde das am Hang liegende alte Forsthaus zu Fuß erobert. Es
war Pfingstsonntag und der Besitzer hatte sicherlich gehofft, noch etwas schlafen zu
können. Während die Einen im Getränkekühlschrank der alten Försterstube
nach den gewünschten Flaschen suchten, ordneten die Anderen die Garnitur Gartenstühle
an einem sonnigen Platz zur gemütlichen Runde. Wir hatten uns schnell eingerichtet
und versorgt. Bei der folgenden Plauderei, es kann am Dialekt gelegen haben, wurde
unser Wirt immer hellhöriger und es stellte sich heraus, der gute Mann war aus
unserer Heimat, ein Hohenkirchener. Sein Vater, früher beim Energieversorger EWE
beschäftig, war unseren Elektrikern, Alfred und Berthold, wohl bekannt. Wir lauschten
dem Lebenslauf des Wirtes vom abgebrochenen Abitur über den langjährigen
Wohnort in Hamburg bis zur Anmietung dieser wunderschönen, flussnahen Immobilie
mit Kaufoption. Mittlerweile war auch seine Frau erschienen und es gab zum Abschied
und auf den Sieg Sankt Paulis für jeden ein Glas Sekt. Nein, nicht für jeden.
Jörg hatte bei unserer Ankunft 50 m Vorsprung und es vorgezogen, es sich auf der
Sitzbank am Fähranleger gemütlich zu machen. So konnte er in aller Ruhe die
Technik einer alten Gierseilfähre studieren und einige Passagen beobachten, bevor
er sich ihr anvertraute. Auf der anderen Flussseite angekommen, mussten von einigen
die Toilette eines Campingplatzes aufgesucht werden, bevor es weiter ging. Eine Gelegenheit,
die Wartezeit für einen neidischen Blick auf die Grills der wohlgebräunten
Wohnmobilisten zu nutzen. Diese Spezies, die grinsend in Ihren Klappstühlen sitzt
und sich nur mit dem Wenden der duftenden Steaks beschäftigt. Richtige Camper
gibt es ja gar nicht mehr. Camper, die den Bauplan eines Zeltes mit bis zu fünfzig
Zeltstangen im Kopf haben. Auch sollte das öffnen von Türen auf einem Campingplatz
von dem Summen eines Reißverschlusses begleitet werden. Trotzdem sahen die Steaks
sehr gut aus. Für den Verzehr solcher Köstlichkeiten mussten wir jedoch jetzt
erst mal ein paar Kilometer machen. Jeder Weg, der nicht direkt am Fluss entlang führt,
hat in dieser Gegend doch enorme Steigungen und man ist froh wenn der Scheitelpunkt
erreicht ist. Dann geht es bergab und jeder scheut sich, die investierte Energie durch
Bremsen in Hitze umzuwandeln. Die besten Gefälle sind die, bei denen man mit gleich
bleibender Geschwindigkeit einige Kilometer rollen kann. Ist die Strecke dann noch
übersichtlich, werden diese Abschnitte auch gerne für ein kleines High-Speed-Rennen
genutzt. Mein Tachometer zeigte erstmals 53 km/h. Ein Tempo, bei dem auch der kleine
Höhenschlag im Hinterrad zur Vibration wird.
Für den späten Nachmittag beschlossen wir "schlechtes Wetter".
Wir hatten jedenfalls keine vernünftige Herberge oder ein Dach zum Schutz vor
dem nachmittäglichen Wolkenbruch gefunden. Die letzte Pause hatte in einer uns
empfohlenen Gaststätte die ersehnte Zwischenmalzeit gebracht. Renate wurde bereits
hier mit einer Dusche Bier versehen, die von der ungeschickten Kellnerin ausgeteilt
wurde. Jetzt kam es jedoch für alle von oben und die Regenmonturen mussten angelegt
werden. Im Endeffekt trafen sich alle, mit Kapuzen und Kunststoffponchos vermummt,
in einem nassen Gebüsch, während Berthold es der Kellnerin vom Vortag nachmachte
und ungeschützt dem Wetter trotzte. Allerdings hätte ich lieber die Kellnerin
mit unbekleidetem Oberkörper ihre Sachen auswringend beobachtet und nicht Berthold.
Kurz vom Etappenziel waren wir richtig nass geworden. Nach der Ankunft und der ersten
Entspannung in der Raucherecke des Hotelflures boten wir sicherlich einen ominösen
Anblick . Bereits barfuss oder mit nacktem Oberkörper aber offener Jacke bekleidet,
lagen wir in den Sesseln und stöhnten. Manuela konnte modisch, mit Stulpen an
den nackten Beinen, die meisten Punkte ernten. Von einer heißen Dusche erfrischt
und in trockene Sachen gehüllt haben wir uns dann über das abendliche Mahl
hergemacht. Die anschließende Nachtwanderung durch Hann. Münden, von einer
gebuchten Nachtwächterin moderiert, hat uns noch mal die Geschichte der Stadt
nahe gebracht. Wir zogen von einem zum nächsten Fachwerk und wurden über
die Besonderheiten der Schnitzereien unterrichtet. Die Dame hatte einen der Herren
um den Transport der schweren Hellebarde gebeten. Hylke hatte sich hierzu bereit erklärt
und wurde dann auf halber Strecke von Berthold abgelöst. Ich war froh, mein eigenes
Gewicht auf den Beinen halten zu können. Der Tag war bereits anstrengend genug
und endete wieder im Keller des Rathauses beim Bier. Natürlich hatte auch die
nette Nachtwächterin an unseren Unternehmungen Interesse und wir berichteten von
den bereits bestrittenen Touren. Als wir jedoch erwähnten, am morgigen Tag den
ersten Teil der Heimreise mit dem Rad zum Göttinger Hauptbahnhof zu bewältigen,
wurde sie ehrfürchtig und berichtete von den enormen Steigungen. Ich glaube alle
hatten zu diesem Zeitpunkt ein schlechtes Gefühl und hofften vor dem Zubettgehen
auf Erlösung.
Die Erlösung kam mit dem morgendlichen Regen. Alle gaben sich wasserfest aber
keiner wollte durchgeweicht sein Rad die Hänge rauf schieben oder auf der folgenden
Bahnfahrt einen nassen Fleck auf seinem Sitzplatz hinterlassen. Der Vortag, mit seinen
schwülen Abschnitten, steckte allen noch in den Knochen. Ulrike hatte sogar Kreislauf
(Morbus Horst Schlämmer). Heute auch mit vollem Gepäck ausgestattet, standen
wir in der Tiefgarage und suchten nach einer erträglichen Lösung. Warum nicht
den Tag genießen und das Taxi-Shuttel-Kleinbus-Ding noch einmal in Richtung Göttingen
buchen. Gesagt, getan! Alfred steuerte nach dem auschecken das zweite mal die Rezeption
des Hotels an und orderte telefonisch die erlösende Dienstleistung. Plötzlich
war die Stimmung wieder OK. Göttingen ist für seine Universität und
seine Fahrradfreundlichkeit bekannt. Vielleicht hängt das Eine auch mit dem Anderen
zusammen, jedenfalls hatte vorher keiner von uns so viele Räder auf einmal gesehen.
Ich schätzte die Anzahl, der auf dem Bahnhofvorplatz Angeketteten fünfstellig.
Einerseits für Radfahrer ein schöner Anblick, andererseits hofften wir, dass
die nicht alle mit unserem Zug fahren wollten. Aber diese Befürchtung war schnell
zerschlagen. Es war Pfingsten, die Studenten waren sicher alle mit der Bahn in die
Heimat gefahren und hatten ihre Fortbewegungsmittel so zurückgelassen. Unsere
Heimfahrt mit der Bahn verlief ausnahmsweise ohne größere Probleme. Ein
Teil der Fahrzeit wurde mit einem herumgereichten Kreuzworträtsel verkürzt.
Vom heimischen Bahnhof bis zur heimischen Gaststätte durften wir dann doch noch
radeln. Hier sollte das abschließende Essen eingenommen werden. Leider konnten
Hylke und Linda nicht teilnehmen. Der Gatte musste am nächsten Tag den beruflichen
Pflichten in aller Frühe nachkommen. Aus diesem Grunde waren die beiden nicht
mit uns in Jever ausgestiegen, sondern weiter bis Wittmund gefahren, um als Nenndorfer
die letzte Etappe so kurz wie möglich zu halten.
Ich freue mich immer das ganze Jahr auf unsere Tour und seine Teilnehmer. Schade, dass
die Tage dann so schnell vergehen.
|