Bericht 2007

Maaljooger : Jörg, Renate, Berthold, Manuela,
Alfred, Edith, Ewald, Ulrike, Linda u. Hylke

Der Unterschied im Verhalten von Männern und Frauen gegenüber der Technik ist bekannt. Beispielsweise ist ein technischer Defekt für die meisten Männer eine willkommene Herausforderung. Endlich haben sie die Möglichkeit ihr Können und Wissen unter Beweis zu stellen. Auch können sie zeigen, wie aufgeschmissen das andere Geschlecht doch ohne männliche Hilfe wäre. Besonders effektiv sind solche Vorführungen, wenn Spezialwerkzeuge erforderlich werden. Werkzeuge, deren Zweck Frauen nicht einmal erahnen und deren Namen bei ihnen ein unkundiges Gelächter hervorrufen kann. Gehärtete Nippelspanner mit drehbarer Krone, Kettennietentferner oder Nietdrücker mit Knauf, Kurbelabzieher und Shimano Zahnkranznüsse sind die Juwelen des männlichen Radfahrers. Von einem schnöden Schraubendreher oder Schlüssel haben die Damen unbestritten auch schon erfahren. Schließlich hantiert "Bob den Baumeister" bereits in jedem Kindergarten mit Hammer und Zange. Nein, mindestens der Satz Inbusschlüssel für Zylinderkopfschrauben mit Innensechskant DIN 912, sollte für die eindruckschindende Beseitigung eines Defekts erforderlich werden. Auch der Besitz passender Ersatzteile zeugt von einem weisen Experten. Wie oft kommt es vor, dass ein kleines Teilchen einer Maschine den Dienst versagt und diese nicht ohne den Austausch wieder in Gang gesetzt werden kann.

So hatten die Männer auf unserer Radtour 2007 das unsagbar enorme Glück, dass Berthold mehrfach die Kette gerissen ist. Der Tritt ins Leere an einer Steigung ist zwar unangenehm, wird jedoch mit einer Pause für alle und der beschriebenen Fachreparatur für die Männer belohnt. Endlich kann man sich profilieren. Jeder kann in seinen Packtaschen nach dem Lappen kramen, in dem er seine Werkzeugschätze eingewickelt transportiert. Nicht dass jeder Werkzeug mitnehmen müsste. Diesen Part hat Hylke übernommen. Als verpflichteter Radflicker führt er sogar diverse Klarsichtboxen mit sich. Hierin finden sich Ventile, Schräubchen, Muttern, Schlösser, Drähte, Klemmen, Kabel, Binder, eigentlich alles was ein gut sortierter Fahrradladen bevorraten sollte. Auch der Umfang seines Werkzeugs lässt normalerweise keine Wünsche offen. Trotz der Aufgabenverteilung bin ich mir sicher, dass auch Alfred ein ähnliches Sortiment zu bieten hat. Ich jedenfalls habe die Gelegenheit genutzt, die V2A-Ersatzspeichen in sechs verschiedenen Längen herauszuholen und herumzuzeigen. Berthold erwähnte wieder stolz den einstigen Besitz eines Fingerschlauches. Ja, ein Fest für Männer. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, aber ich will nicht schon wieder von …………

Dumm ist allerdings, wenn jeder der begnadeten Monteure den bereits erwähnten Nietdrücker vergessen hat. Auch das Ersatzteil "Fahrradkette" hatte keiner parat. Selbstverständlich konnten wir uns helfen, mit einem Stein und schnödem Kreuzschlitz, aber richtig fachgerecht war diese Reparatur nicht. Diese Tatsache bestätigte sich ca. 10 km vorm Etappenziel Hann. Münden. Wir waren am heutigen Tag aus Jever mit der Bahn ca. 6 Stunden angereist und hatten den größten Teil der Tagesetappe, von Allendorf entlang der Werra Richtung Hann. Münden bestritten. Die Uhr zeigte bereits 17.30 und für den nächsten Tag sollte ein erneutes Versagen der Kette ausgeschlossen werden. Unser Messias Alfred beschloss, ich dürfte mich ausnahmsweise von der Truppe entfernen, voraus fahren und in Münden nach einem Baumarkt suchen. Hierin sollte ich den Erwerb des fehlenden Materials anstreben.

Hann. Münden ist eine wunderschöne Stadt. Mit Rathaus, über 700 Fachwerkhäusern, alten Steinbrücken über die Flüsse Fulda und Werra, die sich zur Weser vereinigen, bereits geschlossenen Fahrradfachgeschäften und netten Menschen, die einem den Weg zum einzigen Baumarkt auf der anderen Stadtseite erklären können, ein lohnendes Reiseziel. Also über die Brücke, den Berg rauf Richtung Göttingen, sagte der Passant. Der Baumarkt war allerdings auch schon geschlossen und es wurde Zeit für ein Telefonat mit dem Messias, der mir dann den Erfolg der zweiten Notreparatur und das nahende Einrücken der Truppe bestätigte. Wir beschlossen die Ersatzteilbeschaffung am nächsten Morgen durchzuführen und uns an unserem Domizil, dem "Hotel Freizeit Auefeld" zu treffen. Das Telefonat hatte ich auf dem Parkplatz des Baumarktes geführt. Hätte ich mich nach dem Auflegen umgedreht, wäre mir sicherlich das riesige Hotel mit dem enormen Schriftzug aufgefallen. Ich habe es jedoch bevorzugt noch mal den Berg runter zu fahren, um einige nicht so ortskundige Passanten nach dem Weg zu fragen. Ein Ausländer, der deutschen Sprache nicht so mächtig, war auch dabei. Trotz dieser Extratour, hatte ich ca. eine halbe Stunde vor den Anderen eingecheckt und unser Domizil für die nächsten drei Tage erkunden können. Es ließ keine Wünsche offen. Sogar eine Tiefgarage für die Drahtesel war vorhanden. Mit dem Zimmerschlüssel bewaffnet, konnten sich nun alle von den Strapazen des Tages erholen und auf die Einnahme der georderten Halbpension um 20.30 Uhr freuen.

Alfred hatte für dieses Jahr die Erkundung der Landschaft um Hann. Münden beschlossen und erstmals nur ein Hotel buchen müssen. Zwei folgende Tagestouren endeten hier und begannen im Umland. Hierfür hatte er uns einen Taxitransfer organisiert. Ein Vorteil dieser Organisation liegt klar auf der Hand. Jeder kann sich im Hotel für diese Zeit richtig einrichten und wird nicht jeden Morgen mit dem Packen der Taschen geplagt. Ein zweiter Vorteil ist, dass während der eigentlichen Touren kein Gepäck mitgeführt werden muss. Natürlich braucht man diverse Sachen, Regenschutz und Verpflegung. Diese Sachen lassen sich jedoch bequem pro Paar in einer Tasche unterbringen und wurden gerne von den Männern, gentlemanlike transportiert. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel, aber ich will nicht schon wieder ……

Ich glaube jeder freut sich am meisten auf das Frühstück. Nichts Schöneres gibt es, jedenfalls in dieser Hinsicht. Auch im Hotel Freizeit Auefeld wurden wir am nächsten Morgen im Frühstücksraum mit einem umfangreichen Büffet verwöhnt. Beim Genuss von Rührei und Brötchen waren bereits alle gespannt auf den Taxitransfer. Ein Shuttlebus mit Monsteranhänger und ein zusätzliches Taxi erwarteten uns zum Aufbruch vor dem Gebäude. Das Monster war recht schnell mit unseren Rädern gefüttert und wir bestiegen die Fahrzeuge. Schließlich musste noch der Fahrradladen angesteuert werden. Der Fahrradladen, den ich bereit vom Vortag kannte, heute Morgen jedoch geöffnet hatte. So trennten sich kurzfristig unsere Wege. Bus mit Monster und der halben Truppe direkt Richtung Guxhagen unterwegs. Wir hatten den Chauffeur des Taxis um den Umweg über die Innenstadt gebeten. Dass die Rosenstraße gegenüber dem Fahrradladen auch ein Schuhgeschäft beherbergt, war der Grund für die weitere Teilung unserer Truppe, diesmal nach Geschlecht. Glücklicherweise führte das Schuhgeschäft ausgerechtet das Exemplar Damenschuhe, dass Edith bereits seit ihrer Geburt sucht. Vielleicht noch glücklicherer der Zufall, dass sich Ediths Gatte im Bus befand und dem Kauf keine Nörgeleien im Wege standen. Ich will nicht behaupten, dass die besorgten Ersatz- und Werkzeugteile bereits leichten Flugrost angesetzt hatten, bevor die Damen wieder im Taxi waren, aber die Damen waren nach diesem Halt, die letzten zusteigenden Fahrgäste.

Wir kamen dann trotz des erweiterten Einkaufs ungefähr gleichzeitig am Startpunkt des Tages an, da das Monstergespann langsamer gefahren werden musste. Entladen, durchzählen, Sachen ordnen, ein kleiner Schluck der legendären Reiseverköstigung aus der Taschenflasche und ab ging es, diesmal entlang der Fulda.

Ein herrlicher warmer Morgen lag vor uns und wir waren mit überdurchschnittlichem Tempo unterwegs. Die leichten Räder schnurrten auf dem glatten Asphalt des Radwegs und gaben nur die gesunden Klick-Geräusche des Freilaufes von sich. Drei bis vier Kilometer genossen wir diese wunderschöne Strecke, genossen die Flusslandschaft und plauderten über die ersten Vorkommnisse des Tages. Dann kam eine Bemerkung von Jörg über die erstaunliche und gut sichtbare Strömung des Flusses. Ein Blick zur Seite bestätigte, wir fuhren gegen die Strömung und würden unweigerlich irgendwann die Quelle des Flusses besichtigen können. Bevor die letzten den Irrtum begriffen hatten, war bei den schnelleren Denkern bereits der Schuldige genannt. Alfred wieder, war von Linda zu hören. Meines Wissens erstmals in der Geschichte der Maaljooger, wurde ein solch abrupter Richtungswechsel nicht durch die schrille Trillerpfeife des Navigators befohlen. Nein, unglaublich aber wahr, der sonst doch leicht desorientiert wirkende Jörg hatte unseren Irrweg aufgedeckt. Alfred hatte, wahrscheinlich gerade wegen der einfachen Topographie der Gegend, nicht in eine Karte geschaut, geschweige denn sein PDA gebootet, um einige Satelliten nach dem Weg zu fragen. Diese unentschuldbare Pflichtvergessenheit wurde von der zu führenden Truppe mit zwei Euro Strafe belegt. Die Summe wurde noch am gleichen Abend kassiert, da Ordnungswidrigkeiten bereits nach 3 Monaten verjähren. Etwas Gutes hatte der Vorfall, wir konnten den schönen Radweg in beiden Richtungen genießen und es konnten mindestens sechs offizielle Kilometer mehr in der Maaljoogerstatistik gebucht werden.

Das Wetter ist gut bis sehr gut, solange man bei Regen oder Kälte im Warmen oder Trockenen sitzt. Also braucht keiner sagen, er könne das Wetter nicht beeinflussen. Den Wolkenbruch am Nachmittag überstanden wir in einem kleinen Uferkaffee mit etlichen Sitzgelegenheiten, die von großen Radeberger Sonnenschirmen überspannt wurden. Eine unterhaltsame Pause bei Kaffee, Kuchen und Eiscreme. Einige Wolken waren so schwer, dass sie sich wie Nebel der aufgewühlten Wasseroberfläche des Flusses näherten. Die Kellnerin, ein nettes junges Mädchen in klassischem Outfit und dünner weißer Bluse, ließ es sich nicht nehmen, trotz der hohen Luftfeuchtigkeit weiterhin die Gäste zu bedienen und wurde zusehends nasser. Unsere Empfehlungen, auf das Ende des Wolkenbruchs zu warten, blieb von ihr unerhört. Nach dem großen Regen war sie nass wie ein Pudel und hätte ihre Wäsche auswringen können. Kurz vor unserem Aufbruch stellte das Mädel zusätzlich fest, dass ihr Auto auf dem nahen Parkplatz eisern und kollegial mitgemacht hatte. Das Fahrzeug, ein Cabrio mit der Dachstellung offen, hatte seine Textilien des Interieurs hemmungslos dem Regen ausgesetzt und wurde, nun doch etwas fluchend, von ihrer Besitzerin verschlossen. Mitleidig, aber auch eilig, machten wir uns auf die nassen Wege der restlichen Tagestour. Vor dem zu Bett gehen musste noch die Brauerei im Rathaus besichtigt, das hier produzierte Bier probiert und eine Wurstplatte verspeist werden. Bei der Besichtigung durfte jeder auf etwas Malz kauen, eine recht bittere Erfahrung. Nach den Angaben des Brauers sollte das Malz durch längeres Kauen eine gewisse Süße entwickeln. Nach meiner Einschätzung gab es kein Gesicht, das auf etwas Süßem kaute und jeder versuchte heimlich diese Bierzutat in einem Aschenbecher des Restaurants wieder loszuwerden. Auch nehme ich an, dass das Zähneputzen vor dem zu Bett gehen etwas gründlicher als sonst durchgeführt wurde.

Am dritten Tag wollten wir uns Hann. Münden aus nördlicher Richtung erfahren. Hierfür hatte Alfred den Start in Bad Karlshafen gewählt und eine Tour entlang der Weser geplant. Vom Shuttle wurden wir direkt im Ort ausgesetzt und einige von uns mussten erstmal, wegen dem Unbehagen in der Urlaubskasse, einen EC-Automaten aufsuchen.
Bis zur Weserpromenade des Ortes war es nicht weit. Dort angekommen achtete auch jeder auf die Strömungsrichtung der Weser und schlug automatisch die richtige Richtung (heute gegen die Strömung) ein. Ich habe jedenfalls kein "Alli, hier mo wi doch lank, nee" gehört. Nachdem wir den ersten Meander des Flusses hinter uns hatten, wurde es Zeit für eine Pause und wir hatten Glück. Kurz vor der Weserfähre Wahmbeck gab es das unscheinbare Kleinkiosk "Ahoi". Erst unschlüssig, ob der Tagesverlauf die Öffnungszeiten der Restauration schon erreicht hatte, wurde das am Hang liegende alte Forsthaus zu Fuß erobert. Es war Pfingstsonntag und der Besitzer hatte sicherlich gehofft, noch etwas schlafen zu können. Während die Einen im Getränkekühlschrank der alten Försterstube nach den gewünschten Flaschen suchten, ordneten die Anderen die Garnitur Gartenstühle an einem sonnigen Platz zur gemütlichen Runde. Wir hatten uns schnell eingerichtet und versorgt. Bei der folgenden Plauderei, es kann am Dialekt gelegen haben, wurde unser Wirt immer hellhöriger und es stellte sich heraus, der gute Mann war aus unserer Heimat, ein Hohenkirchener. Sein Vater, früher beim Energieversorger EWE beschäftig, war unseren Elektrikern, Alfred und Berthold, wohl bekannt. Wir lauschten dem Lebenslauf des Wirtes vom abgebrochenen Abitur über den langjährigen Wohnort in Hamburg bis zur Anmietung dieser wunderschönen, flussnahen Immobilie mit Kaufoption. Mittlerweile war auch seine Frau erschienen und es gab zum Abschied und auf den Sieg Sankt Paulis für jeden ein Glas Sekt. Nein, nicht für jeden. Jörg hatte bei unserer Ankunft 50 m Vorsprung und es vorgezogen, es sich auf der Sitzbank am Fähranleger gemütlich zu machen. So konnte er in aller Ruhe die Technik einer alten Gierseilfähre studieren und einige Passagen beobachten, bevor er sich ihr anvertraute. Auf der anderen Flussseite angekommen, mussten von einigen die Toilette eines Campingplatzes aufgesucht werden, bevor es weiter ging. Eine Gelegenheit, die Wartezeit für einen neidischen Blick auf die Grills der wohlgebräunten Wohnmobilisten zu nutzen. Diese Spezies, die grinsend in Ihren Klappstühlen sitzt und sich nur mit dem Wenden der duftenden Steaks beschäftigt. Richtige Camper gibt es ja gar nicht mehr. Camper, die den Bauplan eines Zeltes mit bis zu fünfzig Zeltstangen im Kopf haben. Auch sollte das öffnen von Türen auf einem Campingplatz von dem Summen eines Reißverschlusses begleitet werden. Trotzdem sahen die Steaks sehr gut aus. Für den Verzehr solcher Köstlichkeiten mussten wir jedoch jetzt erst mal ein paar Kilometer machen. Jeder Weg, der nicht direkt am Fluss entlang führt, hat in dieser Gegend doch enorme Steigungen und man ist froh wenn der Scheitelpunkt erreicht ist. Dann geht es bergab und jeder scheut sich, die investierte Energie durch Bremsen in Hitze umzuwandeln. Die besten Gefälle sind die, bei denen man mit gleich bleibender Geschwindigkeit einige Kilometer rollen kann. Ist die Strecke dann noch übersichtlich, werden diese Abschnitte auch gerne für ein kleines High-Speed-Rennen genutzt. Mein Tachometer zeigte erstmals 53 km/h. Ein Tempo, bei dem auch der kleine Höhenschlag im Hinterrad zur Vibration wird.
Für den späten Nachmittag beschlossen wir "schlechtes Wetter". Wir hatten jedenfalls keine vernünftige Herberge oder ein Dach zum Schutz vor dem nachmittäglichen Wolkenbruch gefunden. Die letzte Pause hatte in einer uns empfohlenen Gaststätte die ersehnte Zwischenmalzeit gebracht. Renate wurde bereits hier mit einer Dusche Bier versehen, die von der ungeschickten Kellnerin ausgeteilt wurde. Jetzt kam es jedoch für alle von oben und die Regenmonturen mussten angelegt werden. Im Endeffekt trafen sich alle, mit Kapuzen und Kunststoffponchos vermummt, in einem nassen Gebüsch, während Berthold es der Kellnerin vom Vortag nachmachte und ungeschützt dem Wetter trotzte. Allerdings hätte ich lieber die Kellnerin mit unbekleidetem Oberkörper ihre Sachen auswringend beobachtet und nicht Berthold. Kurz vom Etappenziel waren wir richtig nass geworden. Nach der Ankunft und der ersten Entspannung in der Raucherecke des Hotelflures boten wir sicherlich einen ominösen Anblick . Bereits barfuss oder mit nacktem Oberkörper aber offener Jacke bekleidet, lagen wir in den Sesseln und stöhnten. Manuela konnte modisch, mit Stulpen an den nackten Beinen, die meisten Punkte ernten. Von einer heißen Dusche erfrischt und in trockene Sachen gehüllt haben wir uns dann über das abendliche Mahl hergemacht. Die anschließende Nachtwanderung durch Hann. Münden, von einer gebuchten Nachtwächterin moderiert, hat uns noch mal die Geschichte der Stadt nahe gebracht. Wir zogen von einem zum nächsten Fachwerk und wurden über die Besonderheiten der Schnitzereien unterrichtet. Die Dame hatte einen der Herren um den Transport der schweren Hellebarde gebeten. Hylke hatte sich hierzu bereit erklärt und wurde dann auf halber Strecke von Berthold abgelöst. Ich war froh, mein eigenes Gewicht auf den Beinen halten zu können. Der Tag war bereits anstrengend genug und endete wieder im Keller des Rathauses beim Bier. Natürlich hatte auch die nette Nachtwächterin an unseren Unternehmungen Interesse und wir berichteten von den bereits bestrittenen Touren. Als wir jedoch erwähnten, am morgigen Tag den ersten Teil der Heimreise mit dem Rad zum Göttinger Hauptbahnhof zu bewältigen, wurde sie ehrfürchtig und berichtete von den enormen Steigungen. Ich glaube alle hatten zu diesem Zeitpunkt ein schlechtes Gefühl und hofften vor dem Zubettgehen auf Erlösung.

Die Erlösung kam mit dem morgendlichen Regen. Alle gaben sich wasserfest aber keiner wollte durchgeweicht sein Rad die Hänge rauf schieben oder auf der folgenden Bahnfahrt einen nassen Fleck auf seinem Sitzplatz hinterlassen. Der Vortag, mit seinen schwülen Abschnitten, steckte allen noch in den Knochen. Ulrike hatte sogar Kreislauf (Morbus Horst Schlämmer). Heute auch mit vollem Gepäck ausgestattet, standen wir in der Tiefgarage und suchten nach einer erträglichen Lösung. Warum nicht den Tag genießen und das Taxi-Shuttel-Kleinbus-Ding noch einmal in Richtung Göttingen buchen. Gesagt, getan! Alfred steuerte nach dem auschecken das zweite mal die Rezeption des Hotels an und orderte telefonisch die erlösende Dienstleistung. Plötzlich war die Stimmung wieder OK. Göttingen ist für seine Universität und seine Fahrradfreundlichkeit bekannt. Vielleicht hängt das Eine auch mit dem Anderen zusammen, jedenfalls hatte vorher keiner von uns so viele Räder auf einmal gesehen. Ich schätzte die Anzahl, der auf dem Bahnhofvorplatz Angeketteten fünfstellig. Einerseits für Radfahrer ein schöner Anblick, andererseits hofften wir, dass die nicht alle mit unserem Zug fahren wollten. Aber diese Befürchtung war schnell zerschlagen. Es war Pfingsten, die Studenten waren sicher alle mit der Bahn in die Heimat gefahren und hatten ihre Fortbewegungsmittel so zurückgelassen. Unsere Heimfahrt mit der Bahn verlief ausnahmsweise ohne größere Probleme. Ein Teil der Fahrzeit wurde mit einem herumgereichten Kreuzworträtsel verkürzt. Vom heimischen Bahnhof bis zur heimischen Gaststätte durften wir dann doch noch radeln. Hier sollte das abschließende Essen eingenommen werden. Leider konnten Hylke und Linda nicht teilnehmen. Der Gatte musste am nächsten Tag den beruflichen Pflichten in aller Frühe nachkommen. Aus diesem Grunde waren die beiden nicht mit uns in Jever ausgestiegen, sondern weiter bis Wittmund gefahren, um als Nenndorfer die letzte Etappe so kurz wie möglich zu halten.
Ich freue mich immer das ganze Jahr auf unsere Tour und seine Teilnehmer. Schade, dass die Tage dann so schnell vergehen.

© 2007
Ewald Albers
De Maaljoogers
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