Bericht 2009

Maaljooger : Berthold, Manuela, Ewald, Ulrike, Linda u. Hylke

Ich nenne ihn mal Heinrich Janssen.
Heinrich Janssen, Rentner und wohnhaft in Rastede Mühlenstraße, war diesen Freitag wieder mal damit beschäftig, den Rasen seines Vorgarten zu mähen. Leider hatte sein betagter Rasenmäher nach mehrmaligem Startversuch noch keinen Ton von sich gegeben und Heinrich hatte sich gerade mit dem Zündkerzenschlüssel mühsam gebückt, um diese heraus zu schrauben und mit einer alten Drahtbürste zu Leibe zu rücken. Genau in dem Moment, ertönte von der Straße her ein lauter Gruß: "Moin". Heinrich schreckte wieder hoch, erwiderte den Gruß, doch die Person war schon vorbeigeradelt. Er konnte sich wieder dem störrischen Motor widmen und bückte sich erneut. Und wieder: "Moin". Dieses mal eine Frauenstimme. Heinrich, wieder kerzengerade und mit dem Werkzeug in der Hand erwiderte den Gruß, erkannte aber nur noch den Rücken der Radfahrerin. Blaues Sweatshirt mit gelber Aufschrift. Die Situation kam ihm bekannt vor, so als hätte er sie vor einigen Jahren schon einmal erlebt. Noch in Gedanken und mit dem Versuch sich zu erinnern beschäftigt, startete er einen dritten Anlauf und krümmte sich wieder zur Zündanlage seines einzigen motorisierten Gartengerätes. "Moin, Moin". Wieder in der Ausgangsposition des Reparaturversuches, eine Hand allerdings den Rücken massierend, antwortete er auch diesen beiden Radfahrern freundlich. Nun war er so schlau, die Situation abzuwarten und, wie zur Belohnung, folgten zwei weitere Radfahrer mit ihrem norddeutschen Gruß. Diesmal konnte er die gelbe Aufschrift auf dem Rücken eines Pullovers lesen. "De Maaljoogers up Tour". Das kam ihm bekannt vor. Er ging die vier Schritte bis zur Grundstücksgrenze um sich etwas über die Ligusterhecke zu beugen. Diese hatte er am letzten Wochenende in exakte Form gebracht, unmotorisiert, aber mit Schnur. Vorsorglich schaute er in die Richtung, aus der die freundliche Formation gekommen war. Aber es war niemand mehr in Sicht. Das hatte er schon mal erlebt - genauso - jedoch waren es damals bestimmt zehn Stück und sein Rücken war noch in besserer Verfassung.

Ja, da waren Sie wieder, die Maaljooger. Stark dezimiert, aber mit anspruchsvoller Tagesetappe. Hijlke, Linda, Berthold, Manuela, Uli und Ewald. Alfred, unser Oberst, war immer noch gehandikapt. Da wir uns aber alle für Freitagabend in Kramelheide verabredet hatten, brauchte er seine Frau Edith als Autochauffeur, die damit auch ausfiel. Renate war die Strecke zu lang und hat sich deshalb den Automobilisten angeschlossen. Der Rest hatte keine Zeit oder keine Lust. Auch unter der Zuhilfenahme der Nord-Westbahn und einem Start in Rastede war die Strecke nicht unter 70 km zu bringen. Geplante Weserpassage in Sandstedt, da die Fähre in Kleinensiel nach Eröffnung des Wesertunnels den Dienst eingestellt hat. Wichtig war nur gutes Wetter.

Manchmal denke ich, das Wetter wird in einer großen Schaltzentrale von einem übellaunigen alten Mann mit dem Gesicht von Dieter Bohlen gemacht. Ich sehe ihn förmlich vor mir, mit knappen Ressourcen, die Wolken verschiebend. Immer darauf bedacht, die Menschheit zu ärgern aber vollkommen überfordert, da es ja so viele gibt, die es zu ärgern gilt. Dieser Überforderung hatten wir es sicherlich zu verdanken, dass die Sonne schien. Der leichte Gegenwind stammte bestimmt noch von einer anderen Attacke auf die friedlichen Bürger der Wesermarsch. Als das Mail mit dem Hinweis auf unsere Radtour diese Schaltzentrale erreichte, waren wir schon fast an der Weser. Als Reaktion war sicherlich ein Wolkenbruch geplant, der uns auf Fähre durchnässen sollte. Aber unser Timing war zu gut. Die Fähre erwartete uns abfahrbereit und wir schafften es trocken auf die andere Seite der Weser bis unter eine Bushaltestelle. Ich gehe davon aus, dass "Dieter" sich ärgerte und von Wolkenbruch auf eine viertel Stunde Landregen umgeschaltet hat. Natürlich nur, um uns an anderer Stelle zu erwischen und das Wasser wegen der Rezession hierfür zu sparen. Nach der viertel Stunde Landregen konnten wir dann weiter und blieben auch vorerst unbehelligt. "Dieter" hatte seine Aufmerksamkeit sicherlich einigen Radfahrern in den Niederlanden geschenkt. Die mochte er auch nicht und gehörten zu seinem Zuständigkeitsbereich. Man muss sich kümmern, wenn man befördert werden will. Schließlich soll der Job für Afrika neu vergeben werden und da hat man Wasser für Überschwemmungen zur Verfügung. Aber das war nicht "Dieters" Tag. Nach den Holländern und einigen Ostfriesen war wieder Zeit nach uns zu schauen. Wir hatten mit Zwischenstopp und Mittageessen in Ovelgönne fast das Etappenziel erreicht. Den für uns reservierten Wolkenbruch konnte er nur noch über die Dorfkneipe von Stubben schieben. Ein Glück, das auch in Stubben die Häuser hohl sind. Zusätzlich war Kaffee und unterschiedlich groß geschnittener Kuchen zu bekommen, den wir uns mit Vorfreude auf Kramelheide schmecken ließen.

Wenn wir von Kramelheide sprechen, meinen wir das Seminar- und Ferienhaus mit angeschlossenem Skulpturenpark. Diese Übernachtungsmöglichkeit hatte Alfred bereits für die Tour 2003 ausfindig gemacht. Es hatte uns damals so gut gefallen, dass wir dieses Ziel wieder spontan für die Zweitagestour gewählt haben. Hier fühlt man sich fast wie Zuhause. Vertrauensvoll werden einem fast alle Einrichtungen, vom gut gefüllten Kühlschrank, dem Weinregal oder der Bibliothek, zur Verfügung gestellt. Wir hatten beispielsweise wieder den Wunsch zu Grillen und uns wurde die am Park angrenzende Liegehalle mit den entsprechende Sitzgarnituren, dem Grill, Getränken und Grillfleisch vorbereitet, waren aber den ganzen Abend selbst bedienend unter uns. Vollkommen unkompliziert. Während Hijlke uns die Würstchen und Schnitzel zubereitete, konnte jeder seinen Teller mit Salat füllen, das Brot mit Kräuterbutter verfeinern und sich Bier oder Wein einschenken. Es war ein schöner Abend mit Gesprächen über alte Zeiten. Dann ging es in die gemütlichen Zimmer mit den weichen Matratzen. Ich habe gut geschlafen.

Für das Frühstück und andere Malzeiten ist dem Hauptgebäude ein riesiger Wintergarten mit Blick in den Skulpturenpark angeschlossen. Die unverglasten Flächen sind mit Detailfotos der Kunstobjekte aus dem Park geschmückt. Ein wunderschöner Raum in dem wir am nächsten Morgen gemeinsam frühstücken durften. Hierbei konnte der enge Zeitplan für die Rückfahrt erörtert werden. Heute sollten zwei Fähren um ihren Dienst bemüht werden. In Bremerhaven zurück über die Weser, eine Fähre, die in ca. halbstündigem Rhythmus fährt. Später dann über den Jadebusen nach Wilhelmshaven. Letztere Verbindung wird aber nur einmal täglich angeboten und zwar um halb fünf, war von Alfred zu hören. Also durften wir nicht trödeln. Nach dem Packen der Räder kam der große Abschied. Ich glaube, Alfred wäre gerne mit uns gefahren.
Um noch mal zu "Dieter" zurück zu kommen. Der hatte scheinbar verschlafen oder komplett resigniert. Die Sonne schien und der vergessene Wind, mit dem er uns gestern etwas gequält hatte, kam immer noch aus der gleichen Richtung, für die heutige Tour erfreulicherweise von hinten. Gute Voraussetzungen für eine entspannte Fahrt bis zur gemütlichen Wartebank am ersten Fähranleger. Wir sahen extrem schnell fahrende Züge, Traktoren in Sandwegen mit überladenem Anhänger, kleine und große Windkraftanlagen - für Hijlke immer ein Thema, eine Cessna, deren Pilot Landeanflüge übte, und vieles mehr. Auf die land- und forstwirtschaftlichen Besonderheiten wurden wir leider nicht hingewiesen, da die hierfür zuständige Person nicht dabei war. Für die erste Pause hatten wir uns das alte Fährhaus nach der Weserpassage ausgesucht. "Der hier angebotene Kuchen zeichnet sich allerdings nur durch gleich groß geschnittene Stücke aus", war von Uli zu hören. Linda meinte sogar das Fabrikat zu erschmecken. Auf jeden Fall aber eine Stärkung für die Fahrt durchs "Budjadinger Land", die Halbinsel zwischen Jadebusen und Wesermündung. Ein Klacks auf der Mitteldeichstraße mit dem Rückenwind, zumal die zweite Fähre erst um halb sechs erschien. Mit der eingeplanten Zeitreserve bedeutete die Ankunft in Eckwarderhörne eineinhalb Stunden Wartezeit. Ein Grund für unsere Restaurantkritikerinnen nun das Speiseeis des hier ansässigen Ausflugslokals zu testen. Neben Verwechselungen vom kellnernden Personal gab es jedoch nicht zu bemängeln. Das Besteigen der Jadefähre erfolgt über eine, ins Meer ragende, abschüssige Betonfläche. Sie ist bei Niedrigwasser im Nutzbereich mit Seetang und Muscheln bewachsen und eine rutschige Angelegenheit. Der Reihe nach wurden ungefähr 40 Räder rauf getragen. Die eigentliche Fahrt dauert ca. eine halbe Stunde und endet im Hafen der Jadestadt. Da wir für die Rückfahrt wenig geplant hatten, war der auf uns wartende Regionalzug nach Jever eine Überraschung. Wir waren so müde, dass uns die Bewältigung dieser Teilstrecke so am angenehmsten erschien. Ausgenommen Berthold, er wollte auch noch den Rest abradeln. Im Zug hatten wir uns dafür entschieden, das Abendessen auf einen anderen Tag zu verschieben. Dann wären wir auch sicher frisch und vollzählig.

Alles in Allem ein gelungener Trip. Ein Kompromiss zwar, da Alfred ursprünglich ja eine Viertagestour geplant hatte und wir eigentlich komplett absagen wollten. Normalerweise fahren wir nicht ohne den Messias. So aber brauchte die Buchung der Zimmer in Kramelheide nicht storniert werden und wir hatten ein gemütliches Beisammensein. Eine Tatsache ist, dass wir den Vorsprung einiger Mitglieder in der offiziellen Maaljoogerstatistik etwas dezimieren konnten. Etwas, dass dem Spitzenreiter überhaupt nicht geschmeckt hat. Leute, ich freue mich auf das nächste Mal, hoffentlich dann satellitennavigiert und land- und forstwirtschaftlich geführt. "Dieter" wird dann sicherlich für Afrika zuständig sein. Und denkt dran, wie müssen noch gemeinsam zu Abend essen.

© 2009
Ewald Albers
De Maaljoogers
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